Südafrika - Verkehrte Welt!

04.08.2021. von Micha & Meiky

Die sogenannte „Die Hel“ war die erste Anlaufstelle, nach dem wir den 1583 Meter hohen Swartbergpass überquert hatten. „Wer in die Hölle will, muss verteufelt gut fahren können“ warnte uns der Reiseführer. Allerdings fanden wir, dass das nicht so ganz zutrifft. Die Strecke ist mal mehr und mal weniger holprig, aber schwierig zu Fahren sind eigentlich nur die letzten vier Kilometer. Während diesen schlängelt man sich über enge Spitzkehren ohne Randbefestigung, 800 Meter in die Hel, auch Gamkaskloof genannt, hinab. Der Name Gamkas stammt übrigens vom gleichnamigen Fluss im Tal, der das ganze Jahr über Wasser führt.

Die Strecke von der Hauptstraße bis zum Gamkaskloof, ist etwa 40 Kilometer lang. Man sollte dafür ca. 2 Stunden Fahrzeit einplanen. Das eigentliche Tal erstreckt sich über weitere 15 Kilometer, für die man nochmal eine halbe Stunde benötigt. Ungefähr auf der Hälfte des Tals fanden wir ein Haus. Die Besitzer erzählten uns, dass sie die einzige Familie sind, die das ganze Jahr an diesem isolierten Ort wohnt. Glücklicherweise betreiben sie auch einen eigenen Campingplatz, an dem wir uns für eine Nacht einquartierten.

Im Jahr 1830 wohnten in dem abgelegenen Tal am Gamkas River ca. 100 Menschen. Sie lebten als Selbstversorger und gingen nur selten die beschwerliche Strecke in die nächste Stadt, Prince Albert. Als in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts eine Straße dorthin gebaut wurde, war es jedoch vorbei mit der Abgeschiedenheit. Durch die neu gewonnene Freiheit gingen viele junge Bewohner in die Städte und die Verbliebenen starben nach und nach aus.

Nach einem kurzen Besuch in Prince Albert am nächsten Tag, führte uns der Weg in den „Kleinen Karoo“, wo wir einige Tage auf einem alten Bahnhof-Campingplatz verbrachten. Vorbei an zahlreichen Straußenfarmen, ersten Weinanbaugebieten und mit Zwischenstopp bei „Ronnys Sex Shop“ – einer mittlerweile legendären Bar, die mit einem Sex Shop überhaupt nichts zu tun hat. Freunde des besagten Ronny´s versahen den roten Schriftzug von Ronnys ursprünglichem Farmladen eines Nachts mit dem Wort „Sex“. Niemand entfernte es je wieder. Mit der Zeit kamen immer mehr Besucher auf ein Bier vorbei und so wurde aus dem Farmshop eine Bar. Man kann dort unzählige BHs bewundern, die von Bar und Decke hängen. Wir haben aber keine Unterwäsche da gelassen. Unsere Aufkleber und Visitenkarte haben bestimmt auch gereicht.

Und bald waren wir auch schon wieder am Meer: Über Malagas, mit der einzigen Flussfähre in Südafrika, zum Nationalpark De Hoop, mit seiner weißen Dünenlandschaft, von welcher aus man Wale und Delphine in der Ferne beobachten kann.

Einen Tag danach hat uns der Regen für einen Tag erwischt. Am Kap Agulhas, dem südlichsten Punkt des afrikanischen Kontinents, schüttelte es wie aus Kübeln. Dort wo Indischer- und Atlantischer Ozean aufeinander treffen, sahen wir auf unseren Fotos ein bisschen aus wie begossene Pudel. Von hier, entlang der Küste an der False Bay, ist es nicht mehr weit nach Kapstadt. Auch dort haben wir ein paar Wale entdeckt. Leider nicht direkt an der Küste. In dieser Bucht tümmeln sich ab Juli nämlich die ersten Glattwale. Während der Paarungszeit kommen sie teilweise bis zu 20 Meter an die Küste heran.

Angekommen auf der Halbinsel des Kaps der Guten Hoffnung, erkundeten wir kleine Küstenorte, samt bunter Badehäuschen, die Pinguin Kolonie am Boulders Beach sowie das Kap der Guten Hoffnung selbst. Ab hier beginnt auch eigentlich unsere lange Heimreise, denn es geht wieder tendenziell nach Norden. Wie sie genau aussehen wird, das können wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen. Vielleicht wie geplant über Südostasien? Aber bis dahin vergeht noch viel Zeit…

Kapstadt schauten wir uns zuerst vom Tafelberg aus an. Mit der Seilbahn geht es in wenigen Minuten nach oben und wie man sich vorstellen kann, hat man von dort einen hervorragenden Blick über die Stadt. Wir stellten überraschend fest, dass der touristisch interessante Teil von Kapstadt recht klein und übersichtlich ist. Man kann alles zu Fuß erreichen. Wir grasten die Highlights ab. Nur die Museen nicht, die während des anhaltenden Lockdowns „Level 4“ leider geschlossen blieben. Leider traf das auch auf Robben Island zu, die Insel auf der Nelson Mandela viele Jahre im Gefängnis verbracht hatte. Und auch auf die geführte Townshiptour mussten wir verzichten. Zu gern wollten wir mehr hinter die Kulissen blicken, um das Land und die Leute besser verstehen und einschätzen zu können.

Aber wegen der Unruhen in Gauteng und Durban war eine solche Tour zu unvorhersehbar, obwohl es in Kapstadt keine Ausschreitungen gegeben hat. Als „normaler“ Tourist bekommt man von den Spannungen sehr wenig mit. In den touristischen Gebieten sieht man fast nur Weiße. Die Kellner oder die Kassierer in Supermärkten stechen dort als einzige Schwarze hervor. Sagt einiges aus, in einem Land, wo nur 8 bis 10% Weiße leben.

Dennoch wollten wir uns einen kleinen Einblick verschaffen. Laut Reiseführer gibt es in einem Township ein Restaurant, das gefahrlos besucht werden kann, u.a. weil es auch als Touristenmagnet bekannt ist. Also nichts wie los. Das in der Apartheidspolitik errichtete Township Gugulethu ist einer der südlichen Vororte Kapstadts, ca. 15 Kilometer vom Zentrum entfernt.

Das Township Langa schließt sich in der Nähe an und ist das älteste in Südafrika. 2011 lebten dort auf 2,87 km² ca. 53.000 Menschen. Gugulethu umfasst an die 100.000 Einwohner. Die meisten Einwohner gehören zum Volk der Xhosa. Also ist mit 89 % die meistgesprochene Sprache dort isiXhosa. Wir fuhren durch das Township (nicht mitten durch, sondern an der Hauptstraße entlang) zum Restaurant „Mzoli’s Meat“, streng nach dem Motto, nicht alle Menschen sind schlecht, sondern nur ein klitzekleiner Teil und die wissen gar nicht, dass wir da sind. Wir wurden neugierig angeschaut, das lag aber weniger an unserer Hautfarbe, als an unserem links gesteuerten Fahrzeug. Die Leute freuten sich und meinten, sie hätten das noch nie zuvor gesehen: Das Lenkrad auf der „falschen“ Seite. Am Restaurant, das eher einer großen Lagerhalle glich, angekommen, mussten wir feststellen, dass der Vorplatz verweist war und das Gebäude verrammelt. Man teilte uns mit, das Mzoli´s Restaurant wäre derzeit leider geschlossen. Offenbar gelten in den Townships nochmal andere Level4 Lockdown Regeln…

 

Der krasse Gegensatz zum armen Township mit seinen Wellblechhütten und den Tieren auf der Straße folgte prompt.

Keine 30 Kilometer weiter, im Weinanbaugebiet um die eher noblen Orte Stellenbosch und Franschhoek sitzt man dann wieder in (hier übrigens geöffneten) Cafés: nur unter Weißen und trinkt seinen Cappuccino. Vorbei fährt ein Porsche Chayenne, dahinter ein neuer Toyota Land Cruiser. Meine ersten Gedanken waren. „Verkehrte Welt“.



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