Polen – Historische Schauplätze

Steckbrief:

Zum ersten Mal beginne ich bei meinem Bericht über ein Land mit einem kleinen Steckbrief.

Die polnischen Sommerferien sind von Anfang Juli bis Ende August. Daher empfehle ich als beste Reisezeit den Mai und den Juni. Ab September kann es schon kühler und regnerischer sein. Bei einer Langzeitreise kommt man immer mal in eine Saison, die zum Reisen schlechter ist. Wir sind gerade voll in die Ferien geraten und haben darum die vermutlich überfüllte Ostseeregion ausgelassen. Daher waren wir hauptsächlich im Süden und bei den Masurischen Seen.

Der Vorteil am Reisen während der Saison ist, dass alles offen hat. Am Straßenrand werden Himbeeren, Stachelbeeren, wilde Blaubeeren, Kirschen und Pfifferlinge verkauft, und trotz Hauptsaison gibt es viele schöne und vor allem einsame Wildcampingplätze an Flüssen, Seen oder im Wald. Diesmal haben wir uns nicht, wie so oft, auf unser Glück verlassen, sondern vorab viel mit „Google Earth“ geschaut, wo schöne Plätze sein könnten. Die Polen sind im Gegensatz zu uns Deutschen deutlich aufgeschlossener, was das Wildcampen und Befahren von Wald- und Feldwegen anbetrifft. Die Einheimischen fahren selbst mit ihrem Auto oder Motorrad tief in den Wald zum Wandern, Beeren- und Pilze sammeln. Wir fahren jedoch nie auf Privatbesitz, halten uns an „Durchfahrt verboten“ Schilder sowie an Landschafts- und Naturschutzgebiete.

Neben Flüssen, hinter dem Damm, haben wir in Polen immer gute Erfahrungen gemacht, was das Campen anbelangt. Zwar befindet man sich dann in einem potenziellen Überflutungsgebiet, aber „Blitzfluten“, wie etwa im Oman, gibt es hier nicht zu befürchten.

Allgemein sieht man in Polen wenige internationale Touristen, Camper oder die Vanlife-er. Bei Letzteren ist der Hashtag Polen wahrscheinlich nicht hip genug und kommt in den Social-Media-Kanälen weniger gut an.

Polen ist in der EU. Bezahlt wird aber mit Zloty. € 1,- sind 4,45 Zloty. In Schlesien und Oberschlesien kommt man super gut mit Deutsch weiter. Danach wird es etwas schwierig mit der Verständigung, aber man kann sich an die jüngere Generation halten, die in der Schule Englisch lernt.

Zum Einkaufen gingen wir entweder zum einheimischen Biedronka oder zu Lidl, wenn wir etwas Spezielleres suchten. Auchan und Carrefour gibt es auch, aber die sahen wir nur von außen.

Seit dem 01.07.2023 sind Fahrzeuge unter 3,5 Tonnen von der Autobahngebühr befreit. Nur kleine Abschnitte auf der A4 und der A1 sind in privater Hand und kosten eine Gebühr. Dort kann vor Ort bezahlt werden. Wie es sich bei Gespannen und Fahrzeugen über 3,5 Tonnen verhält, weiß ich leider nicht. Obwohl Polen fast so groß ist wie Deutschland, gibt es nur 1700 Kilometer Autobahn, das heißt man teilt sich die Landstraßen mit LKW´s, Radfahrern und Traktoren. Somit ist das Vorankommen bei Weitem nicht so zügig, wie man es vielleicht erwarten würde.

Sehenswürdigkeiten:

Die Einreise nach Polen ist leicht. Einfach auf der Straße bleiben, bis etwas anders aussehende Verkehrsschilder auftauchen und dann weiß man, irgendwo war die Grenze und nun befindet man sich in Polen. So einfach kann es sein. Toll! Wir wissen es sehr zu schätzen.

Ostsee und Städte haben wir ausgelassen, wobei Krakau bestimmt sehr sehenswert ist. Wir haben uns eher auf die Sachen konzentriert, die zum Teil nicht so typisch sind.

 

Kaplica Czaszek: Es handelt sich dabei um eine kleine Kapelle aus dem Jahr 1776. Sie ist innen voller Totenköpfe und Knochen - ähnlich wie die Santa Maria Kirche in Rom. Unter der Kapelle befinden sich ein kleiner Raum, in dem ebenfalls weitere Gebeine aus dem 30-jährigen Krieg bestattet wurden.

Stabkirche Vang: Erstaunlicherweise befindet sich eine norwegische Stabkirche aus dem Jahr 1841 in Polen. Sie wurde von Friedrich Wilhelm IV erworben und im damaligen Ort Brückenberg im Riesengebirge, heute Karpacz Gorny, wieder aufgebaut.

Swidnica Friedenskirche in Scheidwitz: Die evangelische Friedenskirche zur heiligen Dreifaltigkeit wurde in weniger als einem Jahr aus jahrhundertealtem Holz am 24.06.1657 fertiggestellt. Sie ist die älteste Holzkirche Europas und bietet 3000 Sitzplätze sowie über 6000 Stehplätze und gehört zum UNESCO-Erbe. Unser schönes Erlebnis vor Ort rundete der Kontakt mit einem deutschsprechenden Organisten ab, dessen Großeltern die Orgel der Kirche erbaut hatten. Er erzählte uns viele interessante Dinge über die Geschichte der Kirche.

Einen kurzen Abstecher wert ist die Klosterkirche Sankt Annaberg, eine der wichtigsten Kloster- und Wallfahrtsstätten in Schlesien sowie der Geburtsort von Papst Johannes Paul II in Watowice. Zusätzlich ist Kalwaria Zebrzydowska, mit der gleichnamigen Basilika und Klosteranlage, sehenswert. Seit 1999 UNESCO-Weltkulturerbe und noch heute ein Wallfahrtsort.

Das Salzbergwerk Wieliczka ist eine der ältesten und bekanntesten Salzminen der Welt. Auf der 3,5 Kilometer langen Touristen Route in 150 Metern Tiefe, kann man nur 1% des Salzbergwerks besichtigen. Besonders beeindruckend sind die großen unterirdischen Räume und die Kirche inmitten der Salzmine. In der Blütezeit vom 14. bis ins 16. Jahrhundert, erwirtschaftete die Mine ein Drittel der Staatseinnahmen. 1993 wurde die Förderung eingestellt.

Auf der Fahrt nach Norden machten wir einen kleinen Stopp bei Zalipe, einem kleinen Ort mit bunten Blumenmotiven an den Hauswänden. Danach besichtigten wir die Festung Modlin mit ihren zerfallenen Gebäuden, und nur 30 Kilometer entfernt, fanden wir auf einem ehemaligen Erdbeerfeld eine riesige, acht Meter hohe, Erdbeere.

Außerdem besuchten wir noch Schloss Fürstenstein, dessen Geschichte bis ins 1300 Jahrhundert zurückreicht. Bedeutende Umbauarbeiten fanden im 17 Jahrhundert statt, die es zum jetzigen Barockschloss umwandelten. Das Schloss hat etwa 400 Zimmer und ist das größte Schloss Schlesiens und auch eines der Größten in ganz Europa. Ab 1943 wurde es von den Nazis besetzt. Im Rahmen des Projektes „Riese“ sollte ein riesiges Stollensystem entstehen, das aber unvollendet blieb. Unter anderem wurden unter dem Schloss, Stollen und Bunkeranlagen ausgehoben. Das Schloss sollte als repräsentative Residenz von Hitler dienen. Das Stollensystem „Riese“ sorgte 2015 für Schlagzeilen, da man hier den verschollenen Goldzug von Waldbrzych vermutete. Der Zug soll mit 300 Tonnen Gold, Schmuck und Kunstwerken beladen sein. Zahlreiche Schatzsucher machten sich trotz Minen, Tunnel und Einsturzgefahr auf den Weg. Die Polizei musste die Gegend sichern. Auch eine professionelle Suche blieb erfolglos, es wurden keine Belge für die Existenz des Zuges gefunden. Polnische Wissenschaftler halten den Zug aber für wahrscheinlich und suchen weiter, da man hier auch das verschollene Bernsteinzimmer vermutet.

 

Aus der Zeit von 1933 bis 1945

Wie auch das Schloss Fürstenstein, haben die damals besetzten Gebiete in Polen eine national-sozialistische Vergangenheit. Das Projekt „Riese“ beinhaltete auch die Stollenanlage bei Molke. Dort wurden angeblich hochentwickelte Fluggeräte getestet.

 

Bei Sankt Annaberg, keine zwei Kilometer von der Wallfahrtkirche entfernt, wurde 1934 eine Thingstätte (Freilichttheater) errichtet, mit über 50.000 Plätzen. Eines der größten künstlichen Amphitheater Europas.

Wir waren auch im Ort Oswiecim. Früher bekannt als Auschwitz-Birkenau. Letzteren Namen findet man aber auf keiner aktuellen Landkarte mehr. Seit 2018 heißt es richtig: deutsches Konzentrationslager in Polen. Wer „polnisches KZ“ sagt, begeht eine Straftat. Polen möchte sich damit maximal distanzieren. Seit Juni 2023 gibt es einen neuen Eingang und ein gutes online Buchungssystem, um das ehemalige Vernichtungs- und Konzentrationslager zu besuchen. In den Häusern und Baracken des ehemalige KZ Ausschwitz befinden sich Museen, die in einer geführten Gruppe besichtigt werden können. Allerdings muss man eine deutschsprachig geführte Gruppe drei Monate im Voraus buchen. Individuelle Touristen können das Museum aber selbst besichtigen. Leider gibt es keinen Audioguide. Nach dem Besuch des Museums wird man mit einem Bus zum etwa drei Kilometer entfernten Birkenau gefahren. Von der Größe des Vernichtungslagers Birkenhau wird man fast erschlagen und ist nicht zu begreifen. Auch hier setzt man auf die Aufarbeitung des Holocaust, dem nicht nur Juden sondern auch Homosexuelle, Kriegsgefangene und Roma und Sinti zum Opfer gefallen sind. Wer Einzelheiten erfahren möchte kann hier genauer nachlesen.

Danach besuchten wir bei Krakau die Ruinen des Zwangsarbeitslagers von Plaszow neben den Kalksandsteinbrüchen. Bekannt durch den Film Schindlers Liste. Das Filmset wurde im Steinbruch neben dem ehemaligen KZ errichtet. Die Filmrequisite mit der Straße aus jüdischen Grabsteinen gibt es noch heute. Es handelt sich dabei nicht um echte Grabsteine, sondern um Nachbauten aus Beton.

Nördlich der Masurischen Seen stehen noch heute eine Vielzahl von zerstörten Bunkeranlagen. Fast alle Bunker wurden beim Rückzug der Deutschen Wehrmacht gesprengt, als die Rote Armee in unmittelbarer Nähe war. Danach dauerte es noch weitere zehn Jahre, um alle 54.000 Landminen zu beseitigen. Für die Sprengung der einzelnen Bunker benötigte man bis zu acht Tonnen Sprengstoff, um die drei bis fünf Meter dicken Wände und Decken zum Einsturz zu bringen. Nur sehr wenige blieben unbeschadet, wie einige der Bunkeranlage Mauerwald. Auch der Bunker der Feldkommandostelle von Heinrich Himmler ist zum Teil noch gut erhalten.

 

Das Führerhauptquartier, auch Wolfsschanze genannt, erlangte Bekanntheit durch Claus Schenk Graf von Stauffenberg, der hier das misslungene Bombenattentat auf Adolf Hitler ausübte.

Ein ebenfalls beeindruckendes Bauwerk ist der Masurische Kanal mit seinen Schleusen, dessen Bau 1934 aufgenommen wurde. Er blieb aber unvollendet. 90% des 50 Kilometer langen Kanals und 70 % der Schleusenanlagen wurden fertiggestellt. Der Kanal sollte die Masurischen Seen mit der Ostsee verbinden.

 

Die Ostseeküste Polens haben wir ausgelassen, aber wir werden diese im Baltikum nachholen.


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