07.01.2024 von Meiky
Unsere letzten 20.000 Kilometer führten uns einmal rund um die Ostsee - gegen den Uhrzeiger. Viele fragten uns, warum wir nicht mit Skandinavien gestartet wären? Das hat seine Gründe. Wir wollten uns von den sommerlichen Touristenmassen in Schweden und Norwegen so weit wie möglich fernhalten. Das taten wir auch schon in Polen und ließen die gesamte Ostseeküste aus. Die baltischen Länder sind in den Sommermonaten auch an touristischen Orten bisher noch ziemlich leer und es gibt deutlich weniger Mücken als in Skandinavien. Nachdem wir kein Zeitlimit haben, wussten wir auch nicht, wie lange wir für unsere Route brauchen würden und wir wollten definitiv nicht in den eiskalten Winter kommen, der in Finnland und im Baltikum herrscht. Der Winter setzt im Baltikum zwar viel später ein als in Nordnorwegen, dafür ist er dort durch das kontinentale Klima viel kälter als an der Küste Norwegens. Dort ist es aufgrund des Golfstroms verhältnismäßig mild. Nachdem wir bereits Anfang Oktober dem Winter entgegenfuhren, hatten wir nur eine Woche lang dieses ungemütliche-nass-kalte-grau-in-grau-scheiß-Wetter. Der Regen ging bereits in Rovaniemi in Schnee über und machte das Reisen in unserem kleinen Camper gleich viel angenehmer. Wären wir über das Baltikum zurückgefahren, dann hätten sich die ungemütlichen Herbsttage gleichzeitig mit uns immer weiter nach Süden gezogen. Die ausgewählte Streckenführung war unserer Meinung nach, die beste Wahl. Wir verfolgten einige Reisende, die die Strecke andersherum gefahren sind und gleichzeitig mit uns Anfang Oktober in Rovaniemi waren, um dem früh einsetzenden Winter in Nordnorwegen zu entkommen. Sie hatten ab Rovaniemi und im gesamten Baltikum hauptsächlich schlechtes Wetter. Wir hingegen hatten zwar ab dem Polarkreis viel früher kältere Temperaturen, aber bei schönstem Wetter. Wir empfehlen daher jedem sich genau zu überlegen, welche Route hinsichtlich klimatischer Gegebenheiten am meisten Sinn macht.
Im Süden von Norwegen besuchten wir als letzten Stopp noch eine Freundin von Micha in Fredrikstad. Von dort ist es nicht mehr weit nach Schweden und so ging es am darauffolgenden Tag weiter nach Schweden. Nur wenige Kilometer nach der Grenze gibt es ein UNESCO Weltkulturerbe mit Autobahnanschluss: Die Felsritzungen von Tanum. Sie stammen aus der Bronzezeit. Somit sind die fast 10.000 Felszeichnungen in der Region etwa 3000 Jahre alt. Insgesamt kann man sie in sechs ausgewählten Stätten besichtigen. Die sehr gut erhaltenen und teilweise nachgezeichneten Motive wurden in flache Felsen geritzt und hier lag auch das Problem während unseres Besuches: Es lag Schnee drauf. Auf denjenigen Felszeichnungen, die nicht vom Schnee bedeckt waren, war eine dicke Eisschicht, so, dass wir nur ein paar Motive sehen konnten. Die bekannten mannshohen Figuren oder die Wikingerschiffe blieben uns verwehrt. Eigentlich ist es recht schön, dass man keine hohen und hässlichen Dächer darüber errichtetet hat und somit die Felsritzungen im Wald viel ursprünglicher und authentischer aussehen. Dafür ist im Winter nichts zu sehen. Aber es waren ohnehin keine Touristen da, außer uns.
Südschweden hat, wie auch die Lofoten, in den Sommermonaten schwer mit Wohnmobiltouristen zu kämpfen. Auf allen Parkplätzen an der Küste ist „overnight stay“ verboten. Im Winter, wenn in der letzten Ecke auf den riesigen Besucherparkplätzen ein einziges Fahrzeug steht, interessiert das aber niemanden. So auch in Smögen, einer typischen schwedischen Bilderbuchstadt am Meer. Der Ort ist immer noch ein Hauptumschlagplatz für die schwedische Fischindustrie mit einem jährlichen Fischfang von 2,3 Millionen Tonnen, wobei die Hälfte Krebstiere sind. In der kalten Jahreszeit ist der sonst so mondäne Ort nicht belebt, wirkt trist und man schlendert alleine an zahlreichen, geschlossenen Geschäften vorbei, die ihren Betrieb erst wieder an Ostern aufnehmen.
Wir fuhren auf kleinen Straßen durch weitere, kleine Fischerorte entlang der Küste. Auch hier zeigt sich ein ähnliches Bild. Die Orte sind ausgestorben, da die Häuser nur noch als Ferienwohnungen für die Bewohner Göteborgs genutzt werden.
An der südschwedischen Küste am Kattegrat, gibt es eine Mikronation namens Ladonien. Bereits 1980 errichtete der Künstler Lars Vilks in einem schwer zugänglichen Naturschutzgebiet sein Kunstwerk Nimis, nur aus Treibholz bestehend. Die labyrinthartigen Türme wurden mit Gängen und Tunnels verbunden und der Komplex wuchs auf eine Größe von 75 Tonnen heran. Wobei der größte Turm Wotan, der auch als Hauptstadt geführt wurde, heute nicht mehr steht. Die ersten zwei Jahre blieb das Kunstwerk von der Regierung unentdeckt. Die Behörden erklärten Nimis zu einem Gebäude und wollten es wegen fehlender Baugenehmigung abreißen lassen. Der Künstler verlor vor Gericht in jeder Instanz und verkaufte Nimis in der Zwischenzeit an Joseph Beuys. Nach dessen Tod wurde es von Christo und Jeanne-Claude aufgekauft. 1991 begannen weitere Arbeiten an einer Steinskulptur namens Ark, die ein Buch darstellen soll. Auch sie wurde erneut Gegenstand von Gerichtsverhandlungen. Aus Protest rief Lars Vilks den Staat Ladonien aus. Die Staatsbürgerschaft kann kostenlos online beantragt werden. Gegen € 30,- erhält man sogar einen Adelstitel. Derzeit gibt es 29.000 ladonische Staatsbürger (Stand Dezember 2023) in der konstitutionellen Monarchie. 2002 meldeten sich etwa 3000 Pakistani an, in der Hoffnung so einen Einwanderungsstatuts zu erhalten. Die selbsternannten 125 Minister sind ebenfalls Künstler. Steuern müssen durch das Einbringen von Kunst und Kreativität bezahlt werden.
Durch einen Brand, wahrscheinlich wegen Brandstiftung, wurde 2016 viel zerstört. Seitdem wurde an dem Projekt nicht mehr weitergebaut. Vor Ort wirkte es schon sehr marode und zum Teil verfallen. Hoffentlich wird daran bald weitergearbeitet, sonst findet die Regierung einen weiteren Grund, alles abzureißen.
Eigentlich wollten wir uns noch mehr in Südschweden anschauen, aber die Luft war raus und wir waren nicht mehr aufnahmefähig. Das lag zum Teil an der Nähe zu Deutschland und teils am nass-kalten „Winter“-Wetter, bei dem man einfach nichts unternehmen möchte. Die Temperaturen waren wieder über dem Gefrierpunkt, es lag kein Schnee mehr und es regnete. Der Boden war matschig. Südschweden ist einfach keine Winterdestination. Dazu spürt man dort oftmals deutlich die Auswirkungen der Parallelgesellschaften. Vor allem in der Nähe von Göteborg und Malmö gibt es Randbezirke, die stark vermüllt sind. 2022 starben nach Angaben der Polizei über 60 Menschen bei etwa 400 Schießereien. Somit hat Schweden eine fast vierfach so hohe Mordrate wie Deutschland. Mit dem verträumten und heilen Land, mit dem Schweden wirbt, hat das nicht viel zu tun und das ist in den Randbezirken der Großstädte definitiv sichtbar.
Auf den letzten 800 bis 1000 Kilometern ab Malmö ging es dann schnell. Innerhalb eines Tages fuhren wir durch Dänemark. Dort besichtigten wir nur die „Stevns Klint“ Felsklippen und danach ging es gleich weiter auf die Fähre in Rødby. Die Verbindung mit Scandlines von Rødby nach Puttgarden auf der Insel Fehmarn, ist mit 45 Minuten die kürzeste und so standen wir abends gleich noch auf dem Christkindlmarkt in Fehmarn. Wir bestellten zwei Glühwein und wollten diese mit Karte bezahlen, da unsere Euros noch irgendwo im Auto verstaut waren. Die nette Bedienung fragte, wie das gehen soll auf einem Markt und ihr sehr irritierter Gesichtsausdruck spiegelte wahrscheinlich meinen. Seit unserem Besuch in Litauen sind wir es gewohnt, überall, selbst die kleinsten Beträge mit Karte zu bezahlen. Immer öfter hört man, dass das Bargeld in Deutschland abgeschafft werden soll. Ich selbst bin auch kein Fan davon, aber ich kann jeden beruhigen: Das wird vermutlich noch sehr lange dauern. Dort, wo beispielsweise Norwegen bereits vor zwölf Jahren mit den elektronischen Zahlungsmöglichkeiten stand, sind wir in Deutschland heute noch nicht mal angekommen. In unserem schnelllebigen, digitalen Zeitalter sind das noch Welten, die uns von den baltischen und skandinavischen Ländern trennen.
Nach zwei weiteren Übernachtungen entlang der Strecke, waren wir pünktlich an Weihnachten bei Michas Eltern und über Silvester standen wir auf der Ponykoppel von Michas Schwester. Ab Februar werden wir unser neues Eigenheim beziehen und somit endet unsere Reise nach fast drei Jahren und 90.000 Kilometern.
Dies ist erstmal der letzte Bericht von unserer dritten Langzeitreise, die uns vom Kap der guten Hoffnung bis zum Nordkap geführt hat. Allerdings könnte es sein, dass noch das ein oder andere Fazit folgen wird und natürlich unser „trip in numbers“. …und wie sagt man so schön: „Nach der Reise ist vor der Reise“. Die nächste Langzeitreise startet voraussichtlich 2026. Aber bis dahin werden wir weiterhin von unseren kleinen und großen Urlauben und Touren berichten und euch über unsere Vorbereitungen für die vierte Langzeitreise auf dem Laufenden halten. Wir haben viele Ideen, wissen jedoch noch nicht, wohin es gehen könnte. Nochmal die Arabische Halbinsel oder in die Mongolei und nach Pakistan? Südostasien sowie Nord- und Mittelamerika sind ebenfalls Regionen, die wir auf alle Fälle noch bereisen möchten. Aber es hängt natürlich auch davon ab, welche Destinationen in der Zukunft noch gut zu bereisen sein werden.
31.12.2023 von Meiky
Die Europastraße Nr.6 ist eine 3000 Kilometer lange Straße, die von Trelleborg bis nach Kirkenes führt. Bei dieser Straße handelt es sich um die Nord-Süd-Hauptverbindungsachse. In Schweden hat sie eine Länge von etwa 500 Kilometern. In Norwegen sind es 2500 Kilometer. Davon sind mittlerweile 240 Kilometer ab der schwedischen Grenze bis nach Brumunddal auf zwei Spuren ausgebaut und es sind sogar 110 km/h erlaubt. Ansonsten darf in ganz Norwegen nur 80km/h gefahren werden; in Ausnahmefällen 90km/h. Auf den restlichen 2250 Kilometern bis nach Kirkenes ist die Straße meistens nur einspurig, was für die 5,4 Millionen Einwohner Norwegens vollkommen ausreichend ist. Zum Teil sind die Fahrbahnen recht holprig und befinden sich in einem schlechten Zustand. Im Norden, auf Höhe der Lofoten, ist die E6 sogar durch eine Fähre unterbrochen. Jeder, der in Norwegen unterwegs ist, kommt an der E6 nicht vorbei. Wir versuchten trotzdem diese Straße so oft wie möglich zu vermeiden und fuhren stattdessen ab Fauske ausschließlich auf der Fv17 am Meer Richtung Süden. Die Fv17 - besser bekannt als Kystriksveien, ist 250 Kilometer länger als die E6. Die Fahrt dauert dementsprechend länger. Es sind nicht weniger als sechs Fähren zu passieren und man muss den ein oder anderen Fjord komplett ausfahren. Dafür ist das Klima mit fünf bis acht Grad milder als auf der E6 im Landesinneren. Die Fv17 gilt als eine der 100 schönsten Panoramastraßen der Welt. Wir haben für die 890 Kilometer lange Strecke von Fauske bis nach Trondheim acht Tage gebraucht. Es ist aber gut möglich, dort gute zwei Wochen zu verbringen.
Auf der Strecke hatte fast jeder Fjord sein eigenes Mikroklima. Die Temperaturen und die Höhe des Schnees wechselten von Fjord zu Fjord. Zeitweise lag gar kein Schnee und es war plötzlich wieder einige Grade wärmer. Etwa auf halber Strecke nach Trondheim holte uns ein langanhaltendes Tief mit eisigen Temperaturen ein. Das Quecksilber ging bis auf etwa -20 Grad runter. Somit war es in manchen Fjorden noch kälter. Wir versuchten uns aber immer Ecken zu suchen, an denen es etwas wärmer war. Wenige Grade Unterschied machen dabei schon sehr viel aus. Temperaturen bis -10 Grad sind, bis auf die hohe Feuchtigkeit im Auto, kein Problem. Bis -15 Grad geht es auch noch, aber alles darüber hinaus wird echt anstrengend. Die Wohnkabine muss dann quasi pausenlos mit der Standheizung geheizt werden. Dennoch froren uns die Wasser Zu- und Ableitungen, die innen an der Wand verlegt sind, ein. Zusätzlich tut sich der Landy jeden Morgen schwer zu starten. Der nachträglich eingebaute, größere Kühler für heiße Außentemperaturen ist hier natürlich von Nachteil. Und so haben wir den Kühlergrill mit einer Plastikplane vollständig abgedeckt, damit der Motor überhaupt auf Betriebstemperatur kommt und warme Luft aus der Heizung kommt – denn selbst während der Fahrt waren teilweise die Scheiben von innen eingefroren.
Der erste Stopp auf dem Kystriksvei war der Saltstraumen – der stärkste Gezeitenstrom der Welt. Mit bis zu 40 Km/h zwängt sich dort das Wasser durch eine etwa 150 Meter breite Meerenge.
Danach machten wir am Engabreen, einem Seitenarm des Svartisen, Halt. Es handelt sich dabei um einen Gletscher, auf dem wir 2012 eine Gletscherwanderung machten. Täglich fuhren wir nur kurze Etappen. Trotzdem holten wir mit jedem Tag weiter südlich etwa zehn Minuten mehr Sonnenlicht herein. Auf einer der Fährverbindungen von Jetvik nach Kilboghavn passierten wir erneut den nördlichen Polarkreis. Hier ist ebenfalls eine kleine Weltkugel auf einer Insel zu sehen. Leider haben wir kein Foto davon. Ich war auf dem Klo und Micha hat sie im Dunkeln nicht gesehen.
Und dann war es endlich soweit: An zwei aufeinanderfolgenden Tagen und an drei verschiedenen Plätzen sahen wir insgesamt fünf Elche, darunter ein richtiges Prachtexemplar.
In Brønnøysund erreichten wir die Mitte Norwegens. Von hier sind es 840 Kilometer in jede Richtung. Von dort aus gibt es die Möglichkeit auf eine Minikreuzfahrt mit den Hurtigruten zu gehen. Täglich legt das südgehende Schiff um 17:25 Uhr in Brønnøysund ab und erreicht Rørvik um 21:00 Uhr. Dort nimmt man das nordgehende Schiff um 22:00 Uhr zurück. Rørvik ist der einzige Hafen, in dem zwei Schiffe der Hurtigruten gleichzeitig zu sehen sind. Im Sommer bestimmt eine tolle Sache. Auf die Abfahrtzeiten ist zu 100% Verlass. Die ehemaligen Postschiffe, die immer noch viele Güter transportieren, fahren bei Wind und Wetter und sind immer pünktlich. Der Kystriksvei endet kurz vor Trondheim. Dort verbrachten wir einen Tag und schlenderten bei -10 Grad durch die Stadt.
Dann war es mal wieder soweit: Ein Ölwechsel und ein paar Reparaturen standen an. Zum Glück befindet sich der größte Land Rover Club Norwegens bei Trondheim und wir durften die private und vor allem beheizte Werkstatt nutzen. Der große Vorteil, wenn man einen Defender fährt, ist, dass die Land Rover Community in den jeweiligen Ländern immer super hilfsbereit ist. Ob das bei anderen Fahrzeugmarken ähnlich ist, kann ich nicht sagen. Ich glaube aber, nein. Leider musste ich an den Achsschenkeln die Simmerringe tauschen (es waren noch die ersten). Dafür muss vieles abgebaut werden, aber nach gut sieben Stunden war der Landy wieder fit für die letzte Etappe. Etwa sechs Kilometer von der Werkstatt entfernt, gab es einen Truckstopp mit Dusche, die wir ausgiebig nutzten. Das ist auch so ein leidiges Thema im Winter: Wasser auffüllen und duschen. Wir können am Landy zwar mit heißem Wasser duschen, aber nur draußen. Das letzte Mal duschten wir am Landy am Nordkap, dann wurde es zu kalt. Wir suchten uns entweder Campingplätze, auf denen wir gegen eine Gebühr die Duschen nutzen durften, oder Truckstopps und einmal sogar ein Fitnessstudio. Unseren Wassertank füllten wir über Kanister sehr häufig in Supermärkten auf. In Norwegen gibt es am Eingang, neben dem Pfandflaschenautomaten, fast immer ein Waschbecken. Leider ist das Ganze zwar nervig und zeitaufwendig, aber oft die einzige Möglichkeit Wasser aufzufüllen, da alle außenliegenden Wasserhähne über den Winter abgedreht sind.
Von Trondheim ging es über Kristiansund zur Atlantikstraße. Sie ist eine der bekanntesten Straßen Norwegens. Nur 8,3 Kilometer lang, windet sie sich aber über acht spektakuläre Brücken von Insel zu Insel. Kurz vor Åndalsnes wollten wir übernachten. Aber der Isfjord machte seinem Namen alle Ehre. Es war eiskalt. Zu kalt, um zu campen, denn es wäre wieder alles eingefroren. Und so probierten wir dort einfach Mal den Mpemba Effekt aus, da es vermutlich dazu kalt genug war und siehe da, es hat tatsächlich funktioniert. Mit Hilfe eines Topfes schleuderten wir kochendes Wasser in die Luft. Das Volumen des Wassers nimmt durch die Verdunstung schlagartig ab und damit auch die Zeit, bis es gefriert, bevor es den Boden erreicht. Nach unseren Wasserspielen fuhren wir eine halbe Stunde weiter, in einen etwas wärmeren Fjord, wo wir campen konnten.
Am nächsten Tag ging es über Sjøholt zum Geiranger Fjord und zum gleichnamigen Ort. In Regel gelangt man von Norden kommend, über die bekannteste Passstraße Norwegens, die Trollstigen, dort hin. Im Winter ist die Passstraße aber gesperrt. Wir versuchten es dennoch mal, da wir hofften, die spektakuläre Passstraße vom Tal aus zu sehen, scheiterten aber schon auf den ersten Kilometern. Mit Schneeketten wären wir weitergekommen, solche hatten wir aber nicht dabei.
Der kleine Ort Geiranger war bereits in den 1930 Jahren eine sehr beliebte Urlaubsregion. Zu Spitzenzeiten wurden täglich 100 Fahrzeuge eingesetzt, um die Passagiere der Kreuzfahrt- und Ausflugsschiffe ins Landesinnere zu befördern. In Geiranger leben heute etwa 250 Einwohner. Im Sommer sind es über 2000. Zusätzlich zu den Hurtigruten Schiffen kommen jährlich rund 200 Kreuzfahrtschiffe, die überwiegend in den Sommermonaten dort Halt machen. Dann ist es dort richtig voll. Der einzige Campingplatz quillt über und auf den Parkplätzen ist „overnight stay verboten“, was sogar auf Deutsch dasteht. Wir schlenderten als Einzige durch den kleinen, leeren Ort. Nur wenige Souvenirläden hatten geöffnet. Die Nacht blieben wir neben dem kleinen, örtlichen Supermarkt „Joker“ im Zentrum, direkt neben einem „Camping verboten“ Schild. Aber es gab ja auch keine Alternative, da der Campingplatz geschlossen war. Im Winter interessiert das jedoch niemanden. Ganz im Gegenteil, die Norweger finden es sogar toll, wenn man im Winter das Land bereist.
Pünktlich zum Morgengrauen um 10:15 Uhr, standen wir mit drei weiteren Fahrzeugen auf der Fähre nach Hellesylt. Die Fahrt dauerte etwa eine Stunde und man kommt an zahlreichen kleinen, zugefrorenen Wasserfällen vorbei, die im Sommer aber deutlich spektakulärer sind. Weit fuhren wir an diesem Tag nicht mehr. Die Kälteperiode hielt immer noch an und wir entschieden uns, noch eine weitere Nacht an der Küste zu bleiben, bevor es in den Osten und somit ins Landesinnere ging. Eigentlich gibt es von Geiranger eine direkte Verbindungsstraße nach Osten. Sie war aber ebenfalls gesperrt und somit mussten wir eine andere Route nehmen. Im Winter gibt es gar nicht so viele Möglichkeiten vom Meer ins Landesinnere zu gelangen, da einige Pässe im Winter nicht geräumt werden. Am nächsten Morgen ging es früh los, für eine über 300 Kilometer lange Etappe bis nach Lillehammer. Auf dem Weg besichtigen wir einige Stabkirchen.
Winterdienst in Norwegen: Kurz erklärt am Beispiel von Lillehammer, wo wir auf dem Parkplatz, neben der von Olympia 1994 bekannten Skisprungschanze, nächtigten: Ob der Winterdienst in Norwegen funktioniert oder nicht, spielt erstmal eigentlich keine Rolle. Wenn es schneit, dann schneit es und der Verkehr läuft trotzdem. Wir hatten morgens etwa -10 Grad und über Nacht kamen gute 15 cm Neuschnee vom Himmel. Um 7:00 Uhr wurde die Loipe neben dem Parkplatz frisch gespurt, um 08:30 Uhr der Schnee von der Skisprungschanze mit Laubbläsern entfernt, so, dass 30 Minuten später das Training mit Flutlicht starten konnte. Um 10:00 Uhr wurden die nicht beheizten Gehsteige geräumt. Ja, richtig gelesen, in Norwegen gibt es in manchen Fußgängerzonen, vor allem von größeren Städten oder auf belebten Fußwegen eine Fußbodenheizung.
Erst ab 11:00 Uhr sahen wir die ersten Räumfahrzeuge auf der Straße. Es wird grundsätzlich nur geräumt. Gestreut wird nur an den Stellen, an denen deutliche Eisplatten zu erkennen sind und die wirklich arschglatt sind. Mit Salz wird aber nicht gestreut. Auf schnee- und eisbedeckten Straßen wird die zulässige Höchstgeschwindigkeit gefahren. Dass jetzt jemand mit 60 km/h entlang kriecht und den ganzen Verkehr aufhält, gibt es nicht.
Von Lillehammer bis nach Hamar ist es nur eine Autostunde. Wir verbrachten einige Zeit in der Stadt, am größten Binnensee Norwegens, dem Mjøsa. Für Touristen ist das Städtchen weniger spannend, im Vergleich zu den anderen Sehenswürdigkeiten in Norwegen. Da Micha aber hier in der Vergangenheit einige Zeit gelebt und gearbeitet hat, war es interessant, nach der langen Zeit wieder da zu sein. Erstaunt stellten wir fest, dass sich der Ort sehr positiv verändert hat. Es gibt jetzt mehr Cafés und Restaurants, kleine Boutiquen und sogar ein Kulturhaus mit angrenzendem Theater. Supermärkte und große Ketten liegen nun zum großen Teil außerhalb der Stadt. Zum Übernachten fuhren wir auf die kleine Insel Helgøya und besuchten ein Café, in dem wir früher oft waren. Leider hatte es zu. Grundsätzlich kann man sagen, dass norwegische Orte, vor allem im Norden nicht immer super schön sind, sondern eher praktisch. Aber sie haben für uns ihr ganz eigenes Flair, das wir sehr gerne mögen.
Wohnen in Norwegen: Schon häufiger wurden wir gefragt, ob es unter den vielen Ländern, die wir bisher bereist haben ein Land gibt, in das wir auswandern würden. Bis zum heutigen Zeitpunkt waren nur ein paar Länder dabei, bei denen wir uns zwar vorstellen könnten ein, zwei Jahre zu bleiben, aber eben definitiv nicht länger. Bei Norwegen verhält es sich anders. Es ist bis jetzt das einzige Land, in dem wir uns wirklich vorstellen könnten, dauerhaft zu wohnen. Allerdings nur nördlich des Polarkreises und am Meer. Zwar gibt es im Winter einen ganzen Monat lang die Polarnacht (bei der im Übrigen nicht 24 Stunden vollkommende Dunkelheit herrscht), was aber im Sommer mit zwei Monaten Mitternachtssonne wieder ausgeglichen wird. In Nord Norge gefällt uns wirklich alles. Die Menschen sind super nett, das Meer ist rau, die Fjorde faszinierend. Die Tiere, die Berge und das Licht in der subpolaren Klimazone sind unbeschreiblich. Nur 9% der norwegischen Bevölkerung lebt in Nordnorwegen. Einziger Wermutstropfen ist die sehr schlechte Verkehrsanbindung und die noch höheren Lebensmittelpreise.
22.12.2023 von Meiky:
Insel Senja: Im Anschluss an unser tolles Walabenteuer fuhren wir nach Tromsø. Dort organisierten wir uns und es ging weiter auf die Insel Senja. Die Insel ist mit 1.589,35 km² die zweitgrößte Norwegens. Sie liegt 250 Kilometer nördlich des Polarkreises. Senja überraschte uns mit alpinen Bergkulissen, die aus dem Ozean ragen und mit arktischen Temperaturen. Im Vergleich zu anderen Küstenregionen, die durch den Golfstrom relativ mild sind, war es hier ziemlich kalt, vor allem im Inselinneren. Wenn dann noch ein starker Wind hinzukommt, fühlt es sich nochmal fünf Grad kälter an. Bei solch einem Wetter wird das Wintercamping etwas anstrengend. Wir müssen immer aufpassen, dass uns während der Fahrt die Wasser Zu- und Ablaufleitungen nicht einfrieren.
Zu schaffen machen uns aber nicht nur die kalten Temperaturen, sondern die wahnsinnige Feuchtigkeitsentwicklung in der Wohnkabine. Das ist echt nervig. Permanent versuchen wir die Karre so trocken wie möglich zu halten, aber es gibt zu viele Kältebrücken. Dennoch lieben wir die kalte Jahreszeit mit Schnee und einem ganz besonderen Licht - vor allem nördlich des Polarkreises. Wir fuhren einmal rund um die Insel, machten Halt an diversen Stränden, kleinen Ortschaften und Aussichtspunkten. Senja ist nicht ganz so bekannt wie die Lofoten, aber mindestens genau so schön und beeindruckend. In den Sommermonaten Juni bis September gibt es sogar eine kurze Fährverbindung zwischen Gryllefjord auf Senja nach Andenes auf Andoya, um auf die Vesterålen und die Lofoten zu gelangen. Im Winter muss man die ganze Strecke umfahren. Es sind zwischen 360 und 440 Kilometer, je nachdem, ob man mit ein oder zwei Fähren abkürzen möchte. Somit benötigt man im Winter zwei volle Fahrtage.
Lofoten und Vesterålen: Viele sprechen immer von den Lofoten, meinen damit aber das ganze Inselarchipel. Dieses teilt sich aber auf:
- Im Norden befinden sich die Vesterålen mit ihren wichtigsten Inseln Andøya, Langøya, Skogsøya, und Hadseløya. Der westliche Teil von Hinnøya sowie der nördliche Teil von Austvågøya und die Hauptstadt Sortland gehören ebenfalls dazu.
- Im Süden grenzen die Lofoten an die Vesterålen an. Ihre wichtigsten Inseln sind Austvågøy, Gimsøy, Vestvågøy, Flakstadøy, Moskenesøy, Værøy und Røst. Ihre Hauptstadt ist Svolvær.
Wir waren Mitte Juni 2011 schon mal auf den Lofoten und den Versterålen. Gerade haben wir den Eindruck, dass jetzt zur Winterzeit mehr Touristen unterwegs sind als damals zur Hauptsaison. Ich möchte mir gar nicht vorstellen, wie es hier im Sommer wohl zugeht. Auch im Winter sind die Lofoten beindruckend und definitiv eine Destination, die man zu allen Jahreszeiten besichtigen kann. Herbst und Frühling gehen hier schnell in Sommer oder Winter über. Wir klapperten wieder viele bekannte Fotomotive ab. Wir entdeckten sogar Orte wieder, an denen wir damals unser Zelt aufgeschlagen oder Mittagpause gemacht haben. Wir umrundeten einmal die Insel Andøya. Dabei schauten wir uns wieder Andenes und Bleik an. Andøya ist weniger spektakulär, gefällt uns aber sehr gut. Wir sind jeden Tag weitergezogen, so, dass wir täglich auf ein bis zwei Inseln waren.
Und so waren wir schnell auf Langøya und besichtigten auf der nahegelegenen Insel Hadseløya im Ort Stokmarknes das Hurtigruten Museum. Fast gleichzeitig legte neben dem Museum die „Nordlys“ an. Seit 1999 steht, aufgebockt vor dem Museum, das außer Dienst gestellte Hurtigruten Schiff „MS Finnmarken“ aus dem Jahr 1956 und kann als Teil des Museums besichtigt werden. Das Boot stand die ganzen Jahre über immer im Freien. Wegen voranschreitender Korrosion und eindringendem Regenwasser baute man ein hässliches Behelfsdach über das Schiff. Dem Museum fehlten für weitere Instandhaltungen die finanziellen Mittel. Die MS Finnmarken verlor ihren 2001 zuerkannten Schutzstatus und man spielte mit dem Gedanken sie zu verschrotten. 2009 entschied man sich durch eine breit angelegte Gemeinschaftsarbeit mit vielen freiwilligen Helfern, das Museumschiff wieder vollständig zu restaurieren. So wurde 2019 eine große Halle um das Schiff gebaut. Seit 2021 ist das Museum neu eröffnet und eines der weltweit 20 schönsten Maritim Museen. Wir gingen hinein, keiner da, außer einer netten Dame an der Kasse und Eckhart. Eckhart ist die gute Seele des Museums und nachdem ihm langweilig war, gab er uns Einblicke in die gesperrten Bereiche. Wir durften mit ihm in den Maschinenraum, wo ein MAN 10 Zylinder Motor stand, der insgesamt 1000 Liter Hubraum besitzt. Theoretisch würde der Motor heute noch laufen. Damals wurde der Motor schon Drehmoment optimiert gebaut. Die Geschwindigkeit wurde mit drehbaren Flunken am Propellerrad eingestellt. Seit 1993 ist die MS Finnmarken nun außer Dienst und man ließ alles so, wie es gewesen ist. Im angrenzenden Ersatzteil- und Werkstattraum sind immer noch alle Werkzeuge und Ersatzteile von damals zu finden. Wir stöberten durch alte Leitzordner, fanden Bedienungsanleitungen und alte Rechnungen. In den oberen Decks ließ man sogar die Bettwäsche in den Kabinen unberührt. Nachdem ich doch irgendwie ein Schiffmensch bin, hat mir das Museum ausgesprochen gut gefallen.
Tag für Tag ging es weiter auf die anderen Inseln. Wir umrundeten Gimsøy und Vestvågøy, Flakstadøy und Moskenesøy. Etwa alle 20 Kilometer hielten wir an, da sich auf den Lofoten so viele schöne und verschieden Fotomotive bieten. Alles ist dort wie aus dem Bilderbuch: Kirchen, bunte Fischerhäuschen, kleine und große Fischerorte, das Meer, die Berge und die gesamte raue Landschaft. Die Lofoten werden nicht umsonst, als eines der Highlights Norwegens angepriesen.
Vieles hat sich aber verändert. Zum Beispiel der Nusfjord. 2011 wurden dort schon alle Fischerhütten, genannt Rorbuer, zu einem Freilichtmuseum sehr steril restauriert. Heute ist der gesamte Bereich eine Hotelanlage und nennt sich Artic Resort. Oder der Kvalvika Strand: Damals ein Geheimtipp, waren wir die einzigen mit dem Zelt am Strand. Das ist heutzutage undenkbar. Wer nicht früh genug da ist, bekommt keinen Platz auf dem Wanderparkplatz. Ich kann noch viele solche Beispiele auflisten, aber so verändert sich halt die Welt, wenn Touristenmassen aus aller Welt eine Insel förmlich überrennen und den Punkt der Belastbarkeit überschreiten.
In den letzten Jahren ist Norwegen als neuer Urlaubshotspot ziemlich populär geworden, vor allem das Gebiet der Vesterålen und Lofoten während der Sommermonate. Laut einem Zeitungsbericht stauten sich 2021 die auf die Fähre wartenden Autos über einen Kilometer, um auf die Inseln zu gelangen. Der Andrang auf den Inseln ist in den Sommermonaten so groß, dass Autos und Wohnmobile oftmals gar nicht mehr wissen, wo sie noch parken oder stehen sollen. Teilweise werden auch schon Ausweichbuchten direkt an der Hauptstraße E10 von Wohnmobilen belagert. Zudem kommen natürlich auch die Norweger um Urlaub zu machen und zu Fischen. Es geht nur im „Stopp and Go“ voran. Möchte man zu einem Strand, muss die Polizei den Verkehr regeln. Freie Parkplätze gibt es natürlich schon lange nicht mehr. Im Sommer ist es dank Mitternachtssonne 24 Stunden lang hell und so herrscht auf dem gesamten Inselarchipel ein reges Treiben. Ja 24 Stunden lang...
Reisezeit: Ich würde jedem empfehlen in diesen drei Sommermonaten, Juni bis August, die Lofoten oder vielleicht auch ganz Norwegen zu meiden. Auch wenn diese drei Monate mit Abstand die beste Reisezeit darstellen und die Landschaft im Sommer wunderschön ist. Die Sonne geht zwei Monate lang nicht unter und die Mitternachtssonne lässt sich vom 21.Mai bis 19.Juli mit schönsten Lichtverhältnissen genießen. Alles hat geöffnet und Wanderwege sind schneefrei. Wanderungen können ganz bequem erst um 22:00 Uhr gestartet werden, da es nicht dunkel wird. All das muss man sich dann aber mit sehr vielen anderen Besuchern teilen.
Ab September schließen dann bereits wieder die ersten Campingplätze. Restaurants und Cafés bleiben zusätzlich in vielen Fällen geschlossen. Dafür hat man die Möglichkeit, die ersten tanzenden Polarlichter zu entdecken. Hinzu kommt, dass bei Wanderungen alle Wege noch schneefrei sind. Im April oder Mai hingegen sind Wanderungen nur auf matschigen und verschneiten Wegen möglich, alles andere ist dann aber schnee- und eisfrei. Wir waren jetzt im November auf den Lofoten. Der Winter hat begonnen und die Nächte werden deutlich kürzer. Mitte November gibt es nur noch fünf Sonnenstunden. Wer aber die Lofoten im Winter besuchen möchte, der wird gegen Mitte/Ende Februar ideale Bedingungen vorfinden. Das Winterwetter ist stabil, beste Voraussetzungen für Polarlichter und tolle Fotokulissen. Die Tage werden schnell länger, pro Tag um acht Minuten. Mitte Februar gibt es bereits acht Sonnenstunden. Ende Februar sind es dann schon 9,5 Sonnenstunden und am 18.März ist die Tag/Nacht-Gleiche. Wir finden, dass der Winter auch eine tolle Jahreszeit sein kann und seinen Reiz hat. Wir lieben das polare Klima, das Wetter und das Licht.
Hier ein kleiner Auszug zu den Sonnenstunden im Winter 2023/2024 auf den Lofoten:
Polarlichter
Auf unserer gesamten Strecke durch Skandinavien haben wir immer mal wieder Nordlichter gesehen. Wenn der Himmel frei ist, kann man nachts fast täglich das Naturphänomen bewundern. Sie leuchten und tanzen in unterschiedlichen Variationen, als Bogen, als Spirale, als Wolken oder mal horizontal, mal vertikal, mal immer wieder kurz während der ganzen Nacht, mal nur einmal, aber recht lange, manchmal sehen sie aus wie ein Vorhang. Sogar im südlichen Teil des Himmels sind sie zu sehen, wenn man sich weit im Norden aufhält. Die Vorhersage für Polarlichter ist ziemlich schwer. Es gibt zwar Apps, diese geben aber nur eine grobe Tendenz vor. Oft lag diese bei uns vollkommen falsch. Die beste Zeit, die leuchten Lichter am Himmel zu sehen, ist in den Wintermonaten von etwa 22:00 Uhr bis 02:00 Uhr. In den seltensten Fällen sind sie stark, viel häufiger sind sie als grauer Schleier zu erkennen. Und man darf sich von Fotos nicht täuschen lassen. Die Kamera sieht Polarlichter um einiges besser als das menschliche Auge.
Der Auslöser für die sogenannte Aurora Borealis ist nicht das Licht der Sonne, sondern der Sonnenwind. Polarlichter entstehen, wenn elektrisch geladene Teilchen der Sonne auf Gasteilchen der Luft treffen. Je nachdem, um welche Art von Gas es sich handelt, können dabei unterschiedliche Farben entstehen. Man sieht die Nordlichter nur in den Wintermonaten und je weiter nördlich man sich befindet, umso besser.
Die Aurora Australis auf der südlichen Halbkugel verhält sich gleich. Man kann sie aber nur in der Antarktis sehen. Die südlichste Stadt ist Ushuaia in Argentinien. Sie befindet sich im Verhältnis gleichweit vom Südpol entfernt, wie Kopenhagen vom. Also sehr weit weg und daher sind die Lichter dort nur sehr selten bis gar nicht sichtbar.
Dunkle Zeit und Polarnächte
Nachdem wir über eine Woche bei schönstem Wetter auf den Lofoten verbrachten, fuhren wir danach wieder zurück nach Vesterålen, auf die Insel Andøya und quartierten uns für eine Woche in ein kleine Ferienhütte von 1846 ein. Preislich war es ein Schnäppchen, zudem gab es eine Waschmaschine und einen Backofen. Strom, Endreinigung und Bettwäsche waren ebenfalls inklusive. In Norwegen wird hierfür gerne extra berechnet. Am liebsten würden wir die kleine Hütte mitnehmen und in den Bayerischen Wald stellen. Die Größe reicht uns vollkommen aus. Das Wohnzimmer nutzten wir gar nicht, da es im ersten Stock eine kleine Galerie mit Blick aufs Meer gab.
Kurz vor den Polarnächten werden wir dann weiter in den Süden ziehen. Vom 9. Dezember bis zum 4. Januar bestimmt die Polarnacht hier den Alltag. Die Sonne bleibt unter dem Horizont, die verschneite Landschaft taucht in ein Zwielicht, das mit unbeschreiblichen Farben leuchtet. Nicht umsonst nennen die Norweger die dunkle Zeit, die als „mørketid“ bezeichnet wird, auch gerne „fargetid“, die Farbenzeit.
20.11.2023 von Meiky:
Schon auf den ersten Metern in Norwegen fühlten wir uns sauwohl. Norwegen zählt nicht umsonst zu unseren Lieblingsländern. Wir lieben die Berge, den rauen Atlantik, die Fjorde und die Küstenformationen. Schweden finden wir bei Weitem nicht so beeindruckend, um nicht zu sagen sogar etwas langweilig, schon fast zu lieblich und, ja: irgendwie spießig. Sorry, liebe Schwedenfans! Dort sieht alles aus wie geleckt. Es scheint, dass alles seine Ordnung haben muss. Jeder Grashalm hat seinen genauen Standpunkt. Alle Häuser sind, in immer dem gleichen roten Farbton, frisch gestrichen und es steht nirgends etwas herum. Schön ordentlich und eben irgendwie sehr kleinbürgerlich. Eine vermeintlich heile Welt. Wir können verstehen, dass vielen Leuten das gefällt, und versteht uns nicht falsch. Wir fanden Schweden auch richtig schön, aber entscheiden würden wir uns immer und ohne nachzudenken für Norwegen. Sei es um dort zu reisen oder gar zu wohnen. Das ist uns so richtig aber erst im Nachhinein in Norwegen im direkten Vergleich aufgefallen. Norwegen ist rau, die Häuser haben unterschiedliche, schöne Farben, daneben stehen alte Traktoren, oftmals schrottreife Autos. Verschlammte Schafe stehen auf einer Weide. Der kalte Atlantik wirft Schaumkronen an die Küste, während dir eine steife Brise ins Gesicht bläst. Dramatische Fjorde und beeindruckende Insel- und Berglandschaften wechseln sich ab. Nun aber genau Lanzen für Norwegen gebrochen: Zurück zu unserer Reise.
In der Vergangenheit waren wir bereits einige Male in Norwegen und da Micha hier auch mal für einige Zeit gearbeitet und gewohnt hat, haben wir darum schon viel gesehen, hauptsächlich den Süden und den mittleren Teil Norwegens sowie die Lofoten und Vesterålen.
Das Nordkap
Normalerweise wird gesagt, der Weg sei das Ziel. In unserem Fall allerdings, war das Erreichen des Nordkaps nicht nur das Erreichen einer Landmarke, sondern auch ein Ziel- und Umkehrpunkt, denn von hier aus geht es langsam zurück Richtung Süden und Deutschland. Wir stellten bereits auf anderen Reisen häufig fest, dass wir auf der Zielgeraden, also auf den letzten 500 bis 800 Kilometer, nochmal richtig Gas geben. Also ging es die letzten 700 Kilometer ab Rovaniemi ohne Umwege auf verschneiten Straßen in fünf Tagen direkt zum Nordkap. Für die Strecke vom Kap der Guten Hoffnung bis zum Nordkap legten wir 75.799 Kilometer in 824 Tagen zurück.
Am Nordkap war es eisig und windig. Kein Mensch weit und breit. Das Besucherzentrum hatte an diesem Tag schon dicht gemacht und wir feierten unser Ziel mit zwei Guinness Bieren. Ganz alleine an der stählernen Weltkugel, die das Nordkap ziert. Komisch, jetzt waren wir da. Irgendwie glücklich, aber auch fix und fertig. Die Kälte zehrte an unseren Kräften.
Nur zwei weitere Wohnmobile blieben auf dem Parkplatz über Nacht. Am nächsten Morgen starteten wir nach einem kurzen Spaziergang unsere Reise zurück nach München. Wie gewohnt langsam und so blieben wir noch zwei weitere Nächte auf der Nordkapinsel Magerøya. Mit einem Orkan im Rücken, dem wir drei Steinschläge zu verdanken haben, ging es nach Süden. Die Straßenbedingungen wechselten zwischen verschneit, glatt und arschglatt.
Die nördlichste Stadt der Welt
Unser erster kurzer Halt war die Stadt Hammerfest auf dem Breitengrad N70° 40°. Man sagt, es sei die nördlichste Stadt der Welt. Mittlerweile bekam jedoch der Ort Honningsvåg auf Magerøya, mit mehr als 2500 Einwohnern, Stadtstatus. Da er sich nur knappe 30 Kilometer unterhalb des Nordkaps auf dem Breitengrad N70° 59° befindet, ist darum nun Honningsvåg die neue nördlichste Stadt der Welt. Hammerfest wirbt dennoch weiterhin mit dem Slogan als „nördlichste Stadt der Welt“. Wir besuchten nur die Hammerfest Kirche und den skandinavisch-russischen Meridianbogen oder kurz „Struve-Bogen“, benannt nach dem deutsch-baltischen Astronomen Friedrich Georg Wilhelm Struve (1793–1864). Der Bogen ist 2821 km lang und besteht aus 265 geodätischen Vermessungspunkten zwischen Hammerfest und Staro-Nekrassowka in der Ukraine. 35 Vermessungspunkte des Struve-Bogens wurden 2005 in das UNESCO Weltkulturerbe aufgenommen.
Wale, Wale und nochmal Wale
Die kleine Insel Skjervøy mit etwa 2700 Einwohnern, die ebenfalls über dem 70. Breitengrad liegt, hat im Winter fast mehr Touristen als im Sommer. Die Wahlpopulation ist hier in den letzten Jahren stark angestiegen und Whale Watching ist hier mit fast 100%iger Garantie in den Wintermonaten möglich. Wir haben früher schon viele Wale gesehen. Ein Highlight waren dabei die Glattwale, die man von der Peninsula Valdes in Argentinien, direkt vom Strand aus den ganzen Tag beobachten konnte. Obwohl wir so etwas einmaliges erleben durften, was wahrscheinlich auch nicht mehr zu toppen ist, buchten wir dennoch eine Tour bei Explore 70 Degrees. Eingepackt in super warme Anzüge, die einfach über die normalen Klamotten gezogen werden, fuhren wir zu zehnt in einem kleinen, aber sehr stabilen und bequemen RIB-Boot hinaus aufs Polarmeer. Es dauerte nicht lange, da sahen wir auch schon Buckelwale und Finnwale. Der Finnwal ist mit bis zu 27 Metern der zweitgrößte Wal der Welt. Auf der Nordhalbkugel sind die Wale etwa 10% kleiner und wiegen zwischen 40 und 80 Tonnen. Durch sein großes Maul kann er beim Fressen kurzzeitig bis zu 40 Tonnen Wasser aufnehmen und so den Krill (garnelenförmige Krebstiere) herausfiltern. Auf diese Art können bis zu zwei Tonnen Nahrung am Tag aufgenommen werden. Der ursprüngliche Bestand lag mal bei 450.000 Tieren. Nach den kommerziellen Walfängen bis in die 70er Jahre, schrumpfte der Bestand auf unter 5000 Exemplare. Jetzt ist er wieder bei 45.000 Finnwalen. Die Jagd auf Wale erreichte in den Jahren zwischen 1860 und 1986 ihren Höhepunkt - zwischen 1945 und dem Ende der 1970er Jahre war die Anzahl der getöteten Tiere pro Jahr am höchsten.